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Fiktive Schadensberechnung - Wie teuer darf sie ausfallen?
Der normale Ablauf nach einem Unfall: Das Auto kommt in eine Werkstatt und die Reparaturkosten werden dann mit der Versicherung abgerechnet.
Was ist aber, wenn ein Geschädigter auf die Reparatur verzichtet, weil das Fahrzeug nicht schwer beschädigt oder für eine Reparatur zu alt oder zu schlecht in Schuss ist?
Wenn der Fahrer in diesem Fall lieber das Geld nimmt als eine Reparatur in die Wege zu leiten, dann muss eine fiktive Schadensberechnung her. Hierfür muss ein Gutachter den Schaden und die fiktiven Reparaturkosten bestimmen. Dies geschieht auf Basis des ortsüblichen Durchschnittspreises.
BGH: Ist das Gutachten bindend?
Darüber, ob sich der Geschädigte an diesem Gutachten orientieren kann, oder ob er sich einen Verweis auf die günstigste Werkstatt im Umkreis und ihre Preise gefallen lassen muss, entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. (BGH-Urteil Az. VI ZR 65/18)
Im verhandelten Fall hatte der Gutachter die Stundensätze einer ortsansässigen, nicht markengebundenen Fachwerkstatt im Durchschnitt ermittelt. Die Kosten für die (fiktiv) benötigten Ersatzteile enthielten einen zehnprozentigen Aufschlag gegenüber der unverbindlichen Preisempfehlung (UPE).
Haftpflicht: Beträge sind zu hoch
Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers beschwerte sich aber über die Höhe der geltend gemachten Beträge. Die Ausführungen des Gutachters seien zwar korrekt, aber die Versicherung sei nicht bereit, die Aufschläge auf die UPE zu bezahlen. Außerdem verwies sie auf eine Werkstatt in der Nähe, deren Stundensatz unter dem Durchschnitt läge.
Landgericht: Schadensminderungspflicht geht vor
Das Amtsgericht gab dem Geschädigten zwar noch recht, aber das Landgericht kürzte den Schadensersatzanspruch dann in der Berufung mit Verweis auf die Schadensminderungspflicht: Die günstigere, qualitativ ebenbürtige Fachwerkstatt sei mühelos und ohne weiteres zugänglich, deshalb dürfe der Geschädigte nur die Kosten für die günstigere Variante veranschlagen.
Das Gleiche gelte für die Aufschläge bei Ersatzteilkosten. Auch in diesem Fall müsse der Geschädigte sich auf das günstigere Angebot verweisen lassen. Dem stehe die zivilrechtliche Dispositionsfreiheit nicht entgegen.
BGH: Versicherung muss nur die günstigere Werkstatt bezahlen
Der BGH bestätigte in letzter Instanz das Urteil des Landgerichtes. Der Geschädigte sei zwar »sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei. Allerdings ist der Geschädigte nach dem in Paragraf 249 Absatz zwei Satz eins des Bürgerlichen Gesetzbuchs verankerten Wirtschaftlichkeitsgebots gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.«
Im Zweifel: Die günstigere Variante wird bezahlt
Die Versicherung bekam recht: Sie muss im Zweifel nicht die ortsüblichen Durchschnittskosten erstatten, sondern nur die für die günstigere Werkstatt. Und auch die Weigerung, die Aufschläge auf die UPE zu zahlen, ist laut den Karlsruher Richtern nicht zu beanstanden - auch wenn die meisten Werkstätten diese berechnen und sie grundsätzlich ersatzfähig sein können.
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